Mitgläubiger: Gläubigermehrheit im Sinne des § 432 BGB

Das Wichtigste zur Mitgläubigerschaft

Wer ist Gläubiger?

Gläubiger ist derjenige, der von einer anderen Person – dem Schuldner – eine Leistung verlangen kann.

Was sind Mitgläubiger?

Mitgläubigerschaft bedeutet, dass mehreren Gläubigern eine unteilbare Leistung zusteht. Was das genau bedeutet, erklären wir in diesem Abschnitt.

Welche Rechtsfolgen hat eine Mitgläubigerschaft?

Laut § 432 Abs. 1 S. 1 BGB darf der Schuldner nur an alle Mitgläubiger gemeinschaftlich leisten. Außerdem ist jeder Gläubiger berechtigt, die Leistung einzufordern, aber nur an alle gemeinsam. Näheres erfahren Sie an dieser Stelle.

Wer gilt als Mitgläubiger? Voraussetzungen

Mitgläubiger bilden eine Gläubigermehrheit im Sinne des § 432 BGB.
Mitgläubiger bilden eine Gläubigermehrheit im Sinne des § 432 BGB.

Manchmal kann nicht nur ein Gläubiger die Leistung vom Schuldner verlangen, sondern mehrere.

Es gibt also sogenannte Gläubigermehrheiten, so wie auch auf der Schuldnerseite mehrere Personen stehen können.

Für den Schuldner ist dies wichtig zu wissen, weil eine solche Gläubigermehrheit auch rechtliche Folgen hat.

Eine Form dieser Gläubigermehrheit ist die Mitgläubigerschaft im Sinne des § 432 BGB. Gläubiger gelten danach als Mitgläubiger, wenn …

  • der Schuldner eine unteilbare Leistung erbringen muss und
  • keine Gesamtgläubigerschaft vorliegt.

Unteilbare Leistung: Erläuterung des Begriffs

Die erste Voraussetzung ist eine unteilbare Leistung. Unteilbarkeit bedeutet, dass die Leistung nicht in Teilleistungen erbracht werden kann, ohne dass dies zu einer Wertminderung führt oder den Leistungszweck beeinträchtigt.

Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Zwei Freunde sind Eigentümer einer Wohnung und vermieten diese an eine dritte Person.

Die Mitgläubigerschaft setzt eine unteilbare Leistung voraus.
Die Mitgläubigerschaft setzt eine unteilbare Leistung voraus.
  • Die Zahlung der Miete lässt sich ohne weiteres in Teilbeträge aufteilen, sodass es sich dabei um eine teilbare Leistung handelt.
  • Nach Beendigung des Mietverhältnisses haben die beiden Vermieter gemäß § 546 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Dabei handelt es sich um eine unteilbare Leistung.

Übrigens: Auch Mieter können Gläubiger sein, beispielsweise wenn sie zu viel Miete an den Vermieter gezahlt haben. Dann haben sie einen Anspruch auf Rückerstattung dieser Überzahlung. Laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind sie in diesem Fall Mitgläubiger (BGH, Urteil vom 27.05.2020, Az.: VIII ZR 45/19).

Abgrenzung zwischen Mitgläubiger und Gesamtgläubiger

Zweite Voraussetzung für eine Mitgläubigerschaft ist, dass keine Gesamtgläubigerschaft vorliegt. Diese beiden Arten der Gläubigermehrheit unterscheiden sich wie folgt:

Mitgläubiger:

  • Es besteht eine einheitliche (unteilbare) Forderung.
  • Der Schuldner darf nur an alle Mitgläubiger zusammen leisten.
  • Die Mitgläubiger bilden im Innenverhältnis eine sogenannte Bruchteilsgemeinschaft* oder
  • ihr Anspruch beruht auf einem gemeinsamen Recht, was z. B. auf den Herausgabeanspruch von Miteigentümern nach § 985 BGB zutrifft.

Gesamtgläubiger:

  • Jeder Gläubiger hat einen eigenständigen Anspruch gegen den Schuldner.
  • Der Schuldner darf an einzelne Gläubiger leisten.
  • Jeder Gläubiger darf die gesamte Leistung vom Schuldner einfordern.
  • Die Gesamtgläubigerschaft bildet eine Ausnahme und ist in der Praxis kaum von Bedeutung.

* Die Bruchteilsgemeinschaft ist eine besondere Eigentumsart. Dabei besitzen mehrere Personen gemeinsam das Eigentum an einer Sache (oder einem Recht) – jeder besitzt quasi einen Bruchteil davon. Wenn ein Ehepaar zum Beispiel gemeinsam ein Einfamilienhaus kauft und beide jeweils zur Hälfte als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sind, dann handelt es sich um eine Bruchteilsgemeinschaft.

Rechtsfolgen der Mitgläubigerschaft

Jeder Mitgläubiger darf die Leistung nur an alle Gläubiger zusammen verlangen.
Jeder Mitgläubiger darf die Leistung nur an alle Gläubiger zusammen verlangen.

Diese Form der Gläubigermehrheit hat sowohl für den Schuldner als auch für die Mitgläubiger rechtliche Folgen:

  • Der Schuldner darf laut § 432 Abs. 1 S. 1 BGB nur an alle Mitgläubiger gemeinschaftlich leisten. Nur dann kann er sich auf Erfüllung berufen.
  • Leistet der Schuldner doch an einen einzelnen Gläubiger, dann befreit ihn das noch nicht von der Leistung an die anderen Mitgläubiger. Ihnen gegenüber bleibt er weiterhin verpflichtet.
  • Der Schuldner darf nur dann mit einer eigenen Forderung aufrechnen, wenn sich diese gegen alle Mitgläubiger richtet.
  • Jeder Mitgläubiger darf die Leistung einfordern, aber nur an alle Gläubiger zusammen.
  • Umstände, die in der Person eines Mitgläubigers liegen, wirken laut § 432 Abs. 2 BGB nur für oder gegen diesen.

Diese Regelung der Mitgläubigerschaft bringt Vorteile sowohl für den Schuldner als auch für die Gläubiger. Der Schuldner muss sich keinen Gedanken darüber machen, welcher Anteil den Gläubigern jeweils zusteht. Die Mitgläubiger wiederum ersparen sich einen internen Ausgleich untereinander, weil sie den Leistungsgegenstand gemeinsam erhalten.

Quellen und weiterführende Links

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Über den Autor

Franziska
Franziska L.

Seit 2017 verstärkt Franziska das Redaktionsteam von schuldnerberatung.de. In ihren Texten vermittelt sie Wissen rund um Schuldenabbau, Finanzen sowie Verbraucherschutz und beantwortet Fragen zur Insolvenz und Zwangsvollstreckung. Entsprechendes Fachwissen bringt sie aus ihrer juristischen Ausbildung mit.

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