Das Wichtigste zur Ausfallbürgschaft
Laut Definition bedeutet Ausfallbürgschaft, dass der Bürge erst dann für die Schulden aufkommen muss, wenn der Gläubiger nachweislich alle Möglichkeiten einschließlich der Zwangsvollstreckung ausgeschöpft hat, um die Verbindlichkeiten beim Hauptschuldner einzufordern. An dieser Stelle erklären wir diese Form der Bürgschaft genauer.
Während sich der Gläubiger bei der Ausfallbürgschaft zuerst an den Hauptschuldner wenden muss, kann der Gläubiger den Bürgen bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft sofort in Haftung nehmen darf.
Banken bevorzugen die selbstschuldnerische Bürgschaft, weil sie den Bürgen dann sofort zur Kasse bitten können. Die Ausfallbürgschaft ist bei Kreditinstituten eher ungünstig, weil sie mit der Verwertung anderer Kreditsicherheiten und der Zwangsvollstreckung erst einigen Aufwand betreiben müssen, bevor sie die noch offenen Restschulden beim Bürgen eintreiben dürfen.
Inhalt
Ausfallbürgschaft am Beispiel erklärt
Stellen Sie sich vor, Sie möchten sich ein kleines Grundstück für 200.000 € kaufen. Die Bank gewährt Ihnen ein Darlehen, allerdings müssen Ihre Eltern dafür eine Ausfallbürgschaft unterschreiben. Nach einem Jahr verlieren Sie unvorhergesehen Ihren Job, sodass Sie die Raten nicht mehr bezahlen können.
Trotz der Bürgschaft darf sich die Bank nicht sofort an Ihre Eltern wenden, um die Kreditschulden einzutreiben. Sie muss erst versuchen, die Zahlungsrückstände bei Ihnen einzutreiben, gegebenenfalls durch Verwertung anderer Sicherheiten und per Zwangsvollstreckung.
Genau das zeichnet eine Ausfallbürgschaft aus: Laut Definition muss der Bürge in der Regel erst dann für die Verbindlichkeiten des Hauptschuldners einstehen, wenn der Gläubiger seine Forderung gegen den Hauptschuldner geltend gemacht und erfolglos die Zwangsvollstreckung gegen diesen betrieben hat.
Der Bürge haftet demnach subsidiär für den Ausfall der Forderung, also erst nach dem Hauptschuldner – und auch nur für die Restschulden, die nach der Verwertung anderweitiger Kreditsicherheiten und nach der (erfolglosen) Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen des Hauptschuldners übrig bleiben. Außerdem muss der Gläubiger seinen Forderungsausfall gegenüber dem Bürgen nachweisen.
Wie wirkt sich bei einer Ausfallbürgschaft die Einrede der Vorausklage aus? Auch der Ausfallbürge kann sich auf die Einrede der Vorausklage nach § 771 BGB berufen. Das hat allerdings keinen Zweck, weil der Gläubiger den Forderungsausfall bereits nachgewiesen hat, wenn er den Bürgen zur Zahlung auffordert.
Exkurs: Ausfallbürgschaft und selbstschuldnerische Bürgschaft – Unterschied
Die selbstschuldnerische Bürgschaft und die Ausfallbürgschaft stellen zwei Gegenstücke dar:
- Der Ausfallbürge haftet erst nach dem Hauptschuldner, wenn der Gläubiger sämtliche Kreditsicherheiten verwertet und (erfolglos) die Zwangsvollstreckung gegen diesen betrieben hat. Außerdem ist seine Haftung auf die verbliebenen Restschulden beschränkt.
- Bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft verzichtet der Bürge auf die Einrede der Vorausklage, sodass der Gläubiger den Bürgen ohne vorherige Zwangsvollstreckungsversuche in Haftung nehmen kann. Damit haftet der Bürge neben dem Hauptschuldner.
Modifizierte Ausfallbürgschaft
Fassen wir noch einmal zusammen: Bei einer Ausfallbürgschaft ist der Bürge recht gut vor einer vorzeitigen Inanspruchnahme durch den Gläubiger geschützt – der Gläubiger muss erst einigen Aufwand betreiben, bevor er den Bürgen zur Zahlung auffordern darf.
Um diesen Aufwand etwas einzudämmen, kann der Gläubiger mit dem Bürgen eine sogenannte modifizierte Ausfallbürgschaft abschließen. Dabei vereinbaren die beiden vertraglich, wann bzw. unter welchen Bedingungen der Eintritt des Forderungsausfalls als nachgewiesen gilt.
Dabei sind zwei Möglichkeiten denkbar:
- Bürge und Gläubiger einigen sich auf einen konkreten Zeitpunkt, beispielsweise auf einen bestimmten Termin nach Fälligkeit des Darlehens. Ab diesem Moment gilt der Forderungsausfall als erwiesen.
- Gläubiger und Bürgen vereinbaren, dass der Ausfall der Forderung als erwiesen gilt, wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt, beispielsweise die Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Hauptschuldners oder eine konkrete Anzahl erfolgloser Mahnungen gegen diesen.
Sobald der vereinbarte Zeitpunkt oder das Ereignis eintritt, muss der Bürge für die Verbindlichkeiten des Hauptschuldners aufkommen. Für den Gläubiger bringt die modifizierte Ausfallbürgschaft einen entscheidenden Vorteil mit sich: Er muss vor der Inanspruchnahme des Bürgen keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Hauptschuldner einleiten.
Grenzen der vertraglichen Ausgestaltung einer Ausfallbürgschaft
Zwar können Bürge und Gläubiger die Ausfallbürgschaft wie soeben beschrieben modifizieren, allerdings sind dieser Ausgestaltung auch Grenzen gesetzt – zum Schutze des Bürgen. So ist es nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs unzulässig, diese Form der Bürgschaft zu stark an eine selbstschuldnerische Bürgschaft anzugleichen (BGH, Urteil vom 19.3.1998, Az. IX ZR 120/97).
In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall beinhaltete die Vereinbarung zur Ausfallbürgschaft eine Klausel, nach der ein Zahlungsausfall „spätestens sechs Monate nach der Anzeige des Gläubigers an den Bürgen über rückständige Leistungen des Hauptschuldners“ als festgestellt gilt.
Eine solche Klausel entspricht nicht dem Wesen einer Ausfallbürgschaft, sondern eher dem Charakter einer selbstschuldnerischen Bürgschaft und ist deshalb unwirksam.