Das Wichtigste zur Zahlungsstockung
Unternehmer, die in der Rechtsform einer juristischen Person gegründet wurden (z. B. als GmbH), sind verpflichtet, im Falle ihrer Zahlungsunfähigkeit rechtzeitig Firmeninsolvenz zu beantragen.
Nein, von der Zahlungsunfähigkeit streng zu unterschieden ist die bloße Zahlungsstockung, die laut Definition nur einen kurzfristigen Engpass darstellt.
Nein. Die Zahlungsstockung begründet keine Insolvenz und stellt auch keinen Eröffnungsgrund im Sinne der Insolvenzordnung dar.
Inhalt
Geschäftsführer in der Zwickmühle: Insolvenzantrag berechtigt oder unberechtigt?

Gerät eine juristische Person, z. B. eine GmbH, in finanzielle Not, so sind die gesetzlichen Vertreter verpflichtet, innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag zu stellen. Geregelt ist dies in § 15a Abs. 1 Satz 1 Insolvenzordnung (InsO).
Dieser Pflicht können die Betroffenen nur nachkommen, wenn sie die wirtschaftliche Situation des Unternehmens genau kennen und einschätzen können, ob es bereits zahlungsunfähig ist. Laut § 17 Abs. 2 InsO ist dies der Fall, wenn ein Schuldner nicht mehr in der Lage ist, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen.
Doch wann liegt nur eine vorübergehende Zahlungsstockung vor und in welchem Moment gilt ein Unternehmen als zahlungsunfähig? Dies ist nicht ganz so einfach zu beantworten. Selbst die rechtswissenschaftliche Literatur und der Bundesgerichtshof waren sich lange uneins darüber, wie diese beiden Begriffe voneinander abzugrenzen sind.
Die Frage ist von höchster Bedeutung und bringt die Verantwortlichen mitunter in eine Zwickmühle. Kommen sie ihrer Antragspflicht nicht nach, steht schnell der Vorwurf einer strafbaren Insolvenzverschleppung in Raum. Stellt jedoch ein Geschäftsführer unberechtigterweise einen Insolvenzantrag, haftet er hierfür gegenüber den Gesellschaftern und der Gesellschaft.
Zahlungsstockung – Abgrenzung zum Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit
Ausschlaggebend dafür, ob Zahlungsunfähigkeit vorliegt, ist nach § 17 Abs. 2 InsO der Zeitpunkt der Fälligkeit einer Forderung. Dieser kann durch eine Stundungsvereinbarung, also einen Zahlungsaufschub hinausgezögert werden.
Mitunter lässt sich der finanzielle Engpass eines Schuldners durch einen solchen Aufschub beseitigen. Handelt es sich um kurzfristig behebbare Zahlungsschwierigkeiten, so ist lediglich eine Zahlungsstockung anzunehmen. In diesem Fall ist das Unternehmen eben (noch) nicht zahlungsunfähig und damit auch nicht verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen.

Der Bundesgerichtshof legt zur Abgrenzung einen Zeitraum von maximal drei Wochen zugrunde. In diesem Zeitraum könne ein kreditwürdiger Schuldner seinen Zahlungsengpass mithilfe eines Darlehens überbrücken (BGH, Beschluss vom 23.05.2007, Az. 1 StR 88/07).
Um zu ermitteln, ob nur eine vorübergehende Zahlungsstockung oder schon der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit vorliegt, erfolgt eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung …
- der fälligen Verbindlichkeiten und
- der zu ihrer Bezahlung erforderlichen Mittel
Des Weiteren bedarf es einer Prognose darüber, ob das Unternehmen in der Lage ist, seine Zahlungsfähigkeit kurzfristig wiederherzustellen, indem es z. B. Kredite, Eigenkapital oder Einnahmen aus dem täglichen Geschäftsbetrieb verwendet oder Vermögensgegenstände veräußert.
Drei Grundsätze des Bundesgerichtshofs zur Zahlungsstockung
In seinem Grundsatzurteil vom 24.05.2005 (BGH, IX ZR 123/04) legt der Bundesgerichtshof folgende Kriterien zur Abgrenzung einer Zahlungsstockung von der Zahlungsunfähigkeit fest:
Wird der Zeitraum nicht überschritten, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die erforderlichen finanziellen Mittel zu leihen, so liegt nur eine bloße Zahlungsstockung vor. Hierfür genügen in der Regel drei Wochen.
„Beträgt eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird.“
[2. Leitsatz zum BGH-Urteil IX ZR 123/04]

Liegt die Liquiditätslücke bei 10 Prozent oder mehr, so liegt laut dem BGH in der Regel Zahlungsunfähigkeit vor.
Eine Zahlungsstockung kommt in diesem Fall nur dann in Betracht, wenn nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass der Schuldner diese Lücke demnächst (fast) vollständig beseitigt und den Gläubigern nach den besonderen Umständen das Einzelfalls das Warten hierauf zugemutet werden kann.