EU-Insolvenz: Insolvenzverfahren innerhalb der EU

Das Wichtigste zur EU-Insolvenz im Ausland

Können deutsche Schuldner auch in anderen EU-Staaten Insolvenz anmelden?

Ja, diese Möglichkeit besteht durchaus. Da allerdings eine Restschuldbefreiung inzwischen auch in Deutschland schon nach drei Jahren möglich ist, stellt sich die Frage, ob sich der Aufwand überhaupt lohnt. Denn mit einer Insolvenz im EU-Ausland sind auch einige Nachteile verbunden.

Welche Nachteile bringt denn eine EU-Insolvenz mit sich?

Schuldner dürfen nur dann eine EU-Insolvenz beantragen, wenn sie ihren Lebensmittelpunkt (Center of Main Interest) ins Ausland verlagern. Die damit verbundenen Kosten – z. B. für den Umzug – machen die Insolvenz im EU-Ausland unwirtschaftlich und unpraktikabel. Mehr zu den Nachteilen lesen Sie hier.

Wie unterscheidet sich die EU-Insolvenz vom deutschen Insolvenzverfahren?

Jedes Land hat sein eigenes Insolvenzrecht. Die Voraussetzungen für die Insolvenzeröffnung und der Verfahrensablauf unterscheiden sich mitunter stark.

Achtung, wichtiger Hinweis! Dieser Ratgeber bezieht sich auf die alte Rechtslage, die bis zum 30.09.2020 galt. Sie findet nur noch bei älteren Privatinsolvenzverfahren Anwendung. Verbraucher, die ab dem 1.10.2020 Privatinsolvenz beantragt haben, durchlaufen nur noch ein dreijähriges Verfahren bis zur Restschuldbefreiung. Weitere Informationen zur generellen Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens von sechs auf drei Jahre lesen Sie in unserem Ratgeber zur Restschuldbefreiung.

Weitere Ratgeber zur EU-Insolvenz

EU-Insolvenzrecht: Was besagt dieses?

Was sind die Vorteile einer EU-Privatinsolvenz und wird die Restschuldbefreiung in Deutschland anerkannt?
Was sind die Vorteile einer EU-Privatinsolvenz und wird die Restschuldbefreiung in Deutschland anerkannt?

Wer Schulden hat, will diese schnell loswerden. Denn je schneller die Schuldenfreiheit erlangt wird, desto früher sind Betroffene wieder finanziell handlungsfähig und können in ein neues Leben ohne Geldprobleme starten. Da das in Deutschland nicht so schnell geht, wie viele Schuldner es sich wünschen, erhoffen sich viele, vom EU-Insolvenzrecht zu profitieren.

Innerhalb der Länder der europäischen Union unterscheiden sich die Privatinsolvenzverfahren in Bezug auf den Ablauf, die Voraussetzungen und die Laufzeiten. In Deutschland dauert ein Insolvenzverfahren zwischen drei und sechs Jahren. In anderen Ländern der EU dauert die Insolvenz wesentlich kürzer. Trotz der kürzeren Dauer des Privatinsolvenzverfahrens ergeben sich hier für Schuldner keine wesentlichen Nachteile.

Bei einem deutschen Privatinsolvenzverfahren steht vor allem die Befriedigung der Gläubiger im Vordergrund. Über Jahre hinweg wird versucht, möglichst viel Geld von dem Schuldner zu bekommen, sodass Gläubiger so viel wie möglich ihrer Forderungen zurückerhalten. In anderen Ländern soll der verschuldeten Person so schnell wie möglich ein finanzieller Neustart ermöglicht werden.

In einigen EU-Ländern scheint es auf dem ersten Blick einfacher zu sein, eine Privatinsolvenz zu durchlaufen. Deshalb entscheiden sich einige Schuldner dafür, in einem EU-Land Insolvenz anzumelden. Erlangen sie im EU-Ausland eine Restschuldbefreiung , muss diese nach EU-Insolvenzrecht auch hier in Deutschland anerkannt werden. Fragen hierzu können Sie im Rahmen einer ersten unverbindlichen und kostenlosen Beratung auf Schuldencheck ** stellen.

Die Pfändungsfreigrenzen orientieren sich in vielen EU-Ländern übrigens an den Regelsätzen der Sozialhilfe. In der Regel sollten Schuldner nicht erwarten, dass Sie im Ausland in jedem Fall einen Anspruch auf Sozialhilfe haben. Die Regelungen und die Voraussetzungen für den Erhalt von Sozialleistungen sind recht unterschiedlich, auch im Vergleich zu Deutschland.

Ratgeber zur Insolvenz in anderen Ländern

Neue EU-Insolvenzverordnung

Im Juni 2017 trat die neue Europäische Insolvenzverordnung (EuInsVO) in Kraft. Diese Verordnung regelt unter anderem die Anerkennung von Insolvenzverfahren zwischen den Mitgliedsstaaten der EU. Sie gilt für alle Insolvenzverfahren, die nach Inkrafttreten der Europäischen Insolvenzverordnung innerhalb der EU eröffnet wurden. Sie ist sowohl auf Verbraucher– als auch für Unternehmensinsolvenzen anzuwenden.

EU-Insolvenz in Spanien

EU-Insolvenz: 3 Monate müssen Schuldner in Spanien leben, bevor sie dort die Privatinsolvenz anmelden können.
EU-Insolvenz: 3 Monate müssen Schuldner in Spanien leben, bevor sie dort die Privatinsolvenz anmelden können.

Das Insolvenzverfahren in Spanien zeichnet sich vor allem durch die kurze Dauer aus. Hier beträgt die Dauer des Insolvenzverfahrens zwischen einem und anderthalb Jahren. Die genaue Dauer ist zum einen von der Höhe der Schulden und zum anderen von der Größe der Insolvenzmasse abhängig.

Zwischen Spanien und Deutschland wegen des Insolvenzverfahrens zu pendeln, ist nicht möglich. Der feste Wohnsitz muss sich demnach seit mindestens drei Monaten in Spanien befinden, wenn die Privatinsolvenz hier beantragt wird.

Ein regelmäßiges Einkommen ist auch zwingend notwendig, um die EU-Insolvenz in Spanien beantragen zu können.

EU-Insolvenz in Frankreich

Die Privatinsolvenz ist in Frankreich weniger bürokratisch als in Deutschland. Die schnelle Entschuldung des Betroffenen steht hierbei im Fokus. Ein weiterer Unterschied und auch ein Vorteil ist beim Insolvenzverfahren in Frankreich, dass die Wohlverhaltensphase nur ein Jahr beträgt. In Deutschland dauert diese Phase künftig drei Jahre.

Des Weiteren ist es erforderlich, dass sich der Lebensmittelpunkt des Schuldners in Frankreich befindet. Dies kann durch das zuständige Gericht kontrolliert werden. Ein Insolvenzantrag kann abgewiesen werden, wenn der Lebensmittelpunkt des Schuldners nicht in Frankreich liegt.

EU-Insolvenz in England

Das Insolvenzverfahren in England ähnelt dem deutschen, ist aber insgesamt mit weniger bürokratischen Aufwand verbunden und dauert etwa neun bis zwölf Monate. Die Wohlverhaltensphase entfällt hierbei. Diese sorgt in Deutschland dafür, dass die finanzielle Handlungsfähigkeit des Verschuldeten über Jahre hinweg extrem eingeschränkt ist und dieser sich darüber hinaus an sehr strenge Auflagen halten muss.

Bestimmte Regeln müssen Schuldner in England aber auch einhalten, um eine Restschuldbefreiung zu erlangen. Es dürfen beispielsweise keine neuen Schulden gemacht werden und es muss ein festes monatliches Einkommen erzielt werden. Außerdem ist es zwingend notwendig, dass Sie nachweisen, dass sich Ihr Lebensmittelpunkt seit mindestens sechs Monaten und Ihr Wohnsitz seit mindestens zwei Monaten vor Antragstellung in England befindet. Dies wird in der Regel durch das zuständige Gericht geprüft.

Aufgrund des Brexit ist es fraglich, ob eine englische Restschuldbefreiung in den Mitgliedsstaaten anerkannt wird. Wenn Sie näheres dazu wissen möchten, nutzen Sie die Möflichkeit einer Erstberatung auf Online-Schuldencheck ** – kostenlos und unverbindlich.

EU-Insolvenzverfahren im Ausland: Nachteile der EU-Insolvenz

EU-Insolvenzverordnung: Laut § 22a IO ist der im Rahmen eines ausländischen Hauptinsolvenzverfahrens bestellte Verwalter für Vermögensnachteile verantwortlich.
EU-Insolvenzverordnung: Laut § 22a IO ist der im Rahmen eines ausländischen Hauptinsolvenzverfahrens bestellte Verwalter für Vermögensnachteile verantwortlich.

Ein EU-Insolvenzverfahren im Ausland durchzuführen, hat also auch einige Nachteile. In vielen Fällen muss sich zumindest der Lebensmittelpunkt oder sogar der Hauptwohnsitz eines Schuldners in dem entsprechenden Land, in welchem der Schuldner den Insolvenzantrag stellt, befinden.

Den Lebensmittelpunkt in ein anderes Land zu verlagern, heißt, dass Sie zum Beispiel dort eine Wohnung mieten, ein Bankkonto eröffnen und einen Telekommunikationsvertrag abschließen müssen. Ein vollständiger Umzug ins Ausland ist immer mit einem erheblichen Aufwand und hohen Kosten (z.B. Wohnungskosten) verbunden.

Hinzu kommt, dass Sie die Sprache des jeweiligen Landes beherrschen sollten, da es ansonsten zu Verständnisproblemen bei bürokratischen Angelegenheiten und zu Verständigungsschwierigkeiten bei der Kommunikation mit am Insolvenzverfahren beteiligten Personen kommen kann.

Des Weiteren können im Ausland auch höhere Anwaltskosten auf Sie zukommen als in Deutschland. Eine EU-Insolvenz im Ausland sollte also nur angestrebt werden, wenn die finanziellen Mittel dies zulassen.

Achtung: Wurde bereits die Privatinsolvenz in Deutschland beantragt, ist ein Insolvenzverfahren im Ausland oder in einem anderen EU-Land nicht mehr möglich. Wollen Sie ein Privatinsolvenzverfahren im Ausland anmelden und so schneller schuldenfrei werden, sollten Sie sich im Vorfeld diesbezüglich unbedingt von einer professionellen Schuldnerberatung oder einem Anwalt beraten lassen.

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EU-Insolvenz: Insolvenzverfahren innerhalb der EU
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Über den Autor

Autor
Mario G.

Mario hat einen Master-Abschluss in Sozialmanagement an der FH Potsdam erworben. Seit 2016 ist er Mitglied unserer Redaktion von schuldnerberatung.de und informiert unsere Leser über allerlei wichtige Themen rund um Schuldenrecht, Privatinsolvenz und Schuldenabbau.

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4 Gedanken zu „EU-Insolvenz: Insolvenzverfahren innerhalb der EU

  1. Klaus

    HALLO
    BIN SEIT 16 jAHREN IN DER iNSOLVENZ ES ZEICHNET SICH NICHT AB OB DER iNSOLVENZANWALT DAS VERFAHREN NICHT EINEMAL BEENDIGEN MÖCHTE.

  2. andrea

    hallo, Ich bitte Sie mir folgende 2 Szenarien zu erklären was da auf uns zukommen könnte.

    1. Wir sind beide(Ehepaar) für die Kredit und Bankschulden verantwortlich und sind somit beide in der Privatinsolvenz. Was passiert wenn nur einer von uns die Restschuldbefreiung erlangt und die Gerichtskosten zahlen kann. Fällt dann dieser gesamte gemeinsame Schuldbetrag bei der anderen Partei automatisch weg. Richtig? Sprich die Schuldmasse wird auch bei der 2.Person gekürzt?

    2. Was wenn ich das Geld für die Gerichtskosten und Ihre Kosten nicht habe – darf ich, um die Restschuldbefreiung zu erlangen, über diese Summe einen Kredit aufnehmen?

  3. Moses

    Sehr geehrte Daman und Herren,

    Ich bin 50 Jahre alt. Ich habe ungefähr 22,000 Euro Schulden, die aus einem Inkasso von ungefähr 20 unbezahlten Rechnungen über viele jahre resultieren.

    Ich bin erwerbsunfähing in vorzeitiger rente.

    Wie können Sie mir bei einer Privatinsolvenz helfen?

    Wie viel kann es kosten und was sind die Verfahren.

    Mit freundlichen Grüßen

    Moses

    1. schuldnerberatung.de

      Hallo Moses,
      bitte wenden Sie sich an eine anerkannte Schuldnerberatungsstelle bei Ihnen vor Ort. Diese kann Ihnen bei der Beantragung der Privatinsolvenz helfen. Wie hingegen bieten weder diese Unterstützung noch eine Rechtsberatung an.

      Ihr Team von schuldnerberatung.de

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